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Schizophrenie: Ursache, Häufigkeit, Therapie

Zur Schizophrenie werden eine Reihe psychischer Erkrankungen gerechnet. Sie alle gehen mit Störungen des psychischen Erlebens einher. In einem akuten Stadium können dabei das Denken, die Wahrnehmung, die Gefühle oder der Antrieb beeinträchtigt sein. Das Bewusstsein der Betroffenen ist gespalten. Sie leben zum einen in der realen, zum anderen in einer eingebildeten Welt, die oft von Wahnvorstellungen und Halluzinationen (zum Beispiel: Stimmenhören) geprägt ist.
Das Krankheitsbild der Schizophrenie ist weit verbreitet. Bis zu einem Prozent der Europäer leidet darunter.
Die Ursache für die Erkrankung konnte bis heute noch nicht abschließend geklärt werden. Mehrere Faktoren scheinen bei ihrer Entstehung eine Rolle zu spielen. Dazu zählen unter anderem genetische Vorbelastung, Störungen im Stoffwechsel einiger Botenstoffe wie Dopamin und Glutamat, soziale Faktoren und belastende Lebensereignisse.

Die derzeit gängige Therapie besteht aus drei Teilen: Neben der Psycho- und der Soziotherapie spielt die medikamentöse Behandlung mit Neuroleptika eine große Rolle. Neuroleptika greifen in den Dopamin-Stoffwechsel ein und hemmen die Erregung des Patienten. Leider gehen sie mit erheblichen Nebenwirkungen einher. Dazu zählen Gewichtszunahme, Bewegungsstörungen, Müdigkeit, Mundtrockenheit, Herzrasen und niedriger Blutdruck. Die moderne Forschung sucht nach besser verträglichen Alternativen zu den klassischen Neuroleptika. Ein vielversprechender Ansatz ist hierbei ein Cannabinoid aus dem Hanfgewächs (Cannabis indica/sativa), das sogenannte Cannabidiol (CBD). Aufgrund seiner vielfältigen Wirkungen wird heute der mögliche Nutzen von Cannabidiol bei Krebs, Angststörungen, Depressionen, Epilepsie, Autoimmunerkrankungen und Schlafstörungen untersucht.

Die antipsychotischen Effekte von Cannabidiol (CBD)

Das Zusammenspiel der Botenstoffe im Gehirn ist äußerst komplex. Dies erschwert die Suche nach einem gut verträglichen Medikament für Schizophrenie-Patienten. Wird ein Botenstoff medikamentös beeinflusst, kann dies das Zusammenspiel aller Botenstoffe im Gehirn beeinträchtigen. Zu den Botenstoffen, die bei Schizophrenie eine Rolle spielen, zählen auch die sogenannten Endocannabinoide. Es handelt sich hierbei um körpereigene Substanzen, die den Wirkstoffen der Cannabis-Pflanze ähneln. Die Endocannabinoide sind Teil des sogenannten Endocannabinoid-Systems. Sie beeinflussen durch Interaktion an spezifischen Cannabinoid-Rezeptoren unsere Gesundheit.
Schon länger wurde vermutet, dass das Endocannabinoid-System eine wesentliche Rolle bei psychotischen Erkrankungen spielt. [1] Es kann nicht nur durch körpereigene Substanzen, sondern auch durch die sogenannten Cannabinoide, die Hauptwirkstoffe der Cannabis-Pflanze, beeinflusst werden. Der Hauptwirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) kann über eine Aktivierung des Endocannabinoid-Systems psychotische Symptome auslösen – sowohl bei Patienten mit Schizophrenie, als auch bei ansonsten gesunden Personen. [2][3]
Paradoxerweise könnte ausgerechnet die Cannabis-Pflanze, die mit dem Wirkstoff THC Schizophrenien negativ beeinflussen kann, ein Medikament für eben diese Erkrankung bereithalten: das sogenannte Cannabidiol (CBD). Cannabidiol wirkt in mancherlei Hinsicht als ein Gegenspieler zu THC. Im Gegensatz zu THC begünstigt Cannabidiol nicht Psychosen, es scheint diese vielmehr zu unterbinden. [4] Ob und wie sehr Cannabidiol Patienten mit Schizophrenie helfen kann, sollte in klinischen Studien geklärt werden.

Cannabidiol (CBD) bei Schizophrenie: eine interessante Studie

41 PatientInnen der Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Köln nahmen 2011 an einer klinischen Studie teil. Sie alle litten an Schizophrenie oder an schizophreniformen Psychosen. Die Hälfte der TeilnehmerInnen erhielt vier Wochen lang Cannabidiol (zunächst 200 mg, dann 800 mg pro Tag). Die andere Hälfte nahm ein antipsychotisches Medikament (Amisulprid) ein. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Cannabidiol schien die psychotischen Symptome der TeilnehmerInnen genauso günstig zu beeinflussen wie das Medikament Amilsuprid. Mit einem wichtigen Unterschied: die Einnahme von Cannabidiol war mit deutlich weniger Nebenwirkungen verbunden. Wie kam es zu dieser positiven Wirkung von Cannabidiol auf die PatientInnen? Die Forscher fanden hierfür eine Erklärung, indem sie die Blutspiegel des sogenannten Anandamids überwachten. [5]

Cannabidiol fördert hohe Anandamid-Werte, diese wirken antipsychotisch

Wie bereits oben erwähnt, bildet der Körper sogenannte Endocannabinoide, die das Endocannabinoid-System beeinflussen. Dazu zählt auch Anandamid. Anandamid ist eine ungesättigte Fettsäure, die im zentralen Nervensystem vorkommt – besonders in jenen Regionen, die mit Wahrnehmung und Gedankenverarbeitung sowie mit Bewegungsabläufen beschäftigt sind.
Die Forscher stellten in der bereits erwähnten Kölner Studie fest, dass sich hohe Anandamid-Werte positiv auf psychotische Symptome auswirken. Die Einnahme von Cannabidiol geht mit einer Steigerung der Anandamid-Werte einher. Der Grund dafür liegt in der hemmenden Wirkung von Cannabidiol auf ein Enzym, das Anandamid abbaut. [5]

Fazit

Das Zusammenspiel der Botenstoffe im Gehirn ist äußerst komplex. Bei der Schizophrenie finden sich, wie auch bei anderen psychischen Erkrankungen, Störungen dieses Zusammenspiels. Eine medikamentöse Beeinflussung der Botenstoffe mit zum Beispiel Neuroleptika geht meist mit erheblichen Nebenwirkungen einher. Eine aussichtsreiche Alternative dazu könnten natürliche Stoffe wie Cannabidiol sein. Die Einnahme von Cannabidiol führt laut den bisherigen Untersuchungen zu einem Anstieg der körpereigenen Anandamid-Werte. Dies kann mit einer Abnahme psychotischer Symptome einhergehen.
Die Wirkungen von Cannabidiol auf Patienten mit Schizophrenie ist allerdings noch nicht genügend erforscht, um es als vollwertige Alternative zu herkömmlichen Medikamenten auszuweisen. Wer schon jetzt CBD-Produkte wie CBD-Öle oder CBD-haltige Nutzhanftees zur Behandlung psychotischer Symptome einnehmen möchte, sollte dies mit seinem Arzt absprechen.

Der Verfasser

Sebastian_ViglSebastian Vigl ist Heilpraktiker der Gemeinschaftspraxis Heilpraktiker Wanitschek & Vigl Berlin. Daneben ist er als Autor von Ratgebern und für diverse Fachzeitschriften tätig.

 

 

Quellen

[1] Scatton B, Sanger DJ. Pharmacological and molecular targets in the search for novel antipsychotics. Behav Pharmacol. 2000;11:243–256

[2] Morrison PD, Nottage J, Stone JM, Bhattacharyya S, Tunstall N, Brenneisen R, et al. Disruption of frontal theta coherence by Delta(9)-tetrahydrocannabinol is associated with positive psychotic symptoms. Neuropsychopharmacology. 2011;36:827–836

[3] D’Souza DC, Abi-Saab WM, Madonick S, Forselius-Bielen K, Doersch A, Braley G, et al. Delta-9-tetrahydrocannabinol effects in schizophrenia: implications for cognition, psychosis, and addiction. Biol Psychiatry. 2005;57:594–608

[4] Zuardi AW, Morais SL, Guimarães FS, Mechoulam R. Antipsychotic effect of cannabidiol. J Clin Psychiatry. 1995;56:485–486

[5] Leweke FM, Piomelli D, Pahlisch F, Muhl D, Gerth CW, Hoyer C, Klosterkötter J, Hellmich M, Koethe D. Cannabidiol enhances anandamide signaling and alleviates psychotic symptoms of schizophrenia. Transl Psychiatry. 2012 Mar 20;2:e94

 

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